Bogenschießen ist kein Kraftsport, sondern ein Konzentrationssport und insofern sind große körperliche Kraft und dicke „Muckis“ nicht unbedingt erforderlich. Dennoch benötigt man als Bogenschütze natürlich bestimmte Muskelgruppen, um die Sehne in den Anker zu ziehen und ruhig zu halten. Vor allem beim Halten ist dann gerne von „Rückenspannung“ die Rede. Aber was ist das genau?
Um das, was mit Rückenspannung gemeint ist, besser zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit den zwei Arten, wie man einen Bogen ausziehen kann und mit der richtigen Haltung beim Bogenschießen beschäftigen.
Die zwei Arten den Bogen auszuziehen
Es gibt grundsätzlich zwei Arten, wie man einen Bogen ausziehen kann. Eine davon ist die richtige und gesündere, die andere führt spätestens mittelfristig zu Problemen mit der Schulter.
Wenn man jemandem, der noch nie einen Bogen in der Hand hatte, einen Bogen in die Hand drückt und er schießen soll, wird er in den meisten Fällen den Pfeil aufs Ziel richten und dann einfach die Zughand gerade nach hinten ziehen. Oft sieht man dann einen hängenden und/oder abstehenden Ellenbogen, sowie eine hochstehende Schulter auf der Zugarmseite.
Auch kommt die Zughand in den meisten Fällen mit dem Kopf in Konflikt, da dieser „hinter dem Pfeil und der Zughand steht“ und damit im Weg ist. Intuitiv ziehen wir den Bogen nämlich mit den Schultermuskeln und Bizeps/Trizeps aus und peilen dabei direkt über den Pfeil. Jedoch ist das die falsche Art des Bogenspannens.
Bei der richtigen Art den Bogen auszuziehen deutet der Pfeil nicht von Anfang an in Richtung des Ziels, sondern leicht nach links. Beim Beginn des Auszugsvorgangs, nachdem der Bogen angehoben wurde, befindet sich die Zughand leicht oberhalb des Ankerpunkts und außerhalb der Sichtlinie. Während des Spannvorgangs bewegt sich die Zughand dann nach hinten und in einer kleinen Kurve zum Gesicht und dem Ankerpunkt.
Der Ellenbogen steht beim Erreichen des Ankerpunkts hinter dem Pfeil bzw. auf der zum Schützen zugewandten Bogenseite und er deutet auch leicht nach oben.
Wenn man die Bewegung so ausführt, kommt die Kraft zum Spannen und Halten aus den Rückenmuskeln, da durch diesen Bewegungsablauf die richtigen Muskeln angesprochen werden. (Für die Anatomen: Hauptsächlich musculus teres major, musculus rhomboideus und der musculus infraspinatus.)
Die richtige Körperhaltung
Wenn der Bogen wie zuvor beschrieben ausgezogen wird, erreicht man sehr einfach die optimale Haltung beim Bogenschießen, die im Prinzip ein Kraftdreieck darstellt.
Das heißt, Bogenhand, Pfeil, Zughand und Ellenbogen der Zughand sollten möglichst in einer Linie (blaue Linie) liegen. Gleichtzeitig sollten auch Bogenhand, Ellenbogen des Bogenarms und beide Schultern in einer Linie (rote Linie) liegen.
In dieser Position lastet das Zuggewicht des Bogens zu einem Großteil „auf den Knochen“, da durch den hinter dem Pfeil stehenden Ellenbogen der Bogen keinen oder kaum einen Hebelansatz hat, um den Schützen zusammen zu ziehen.
Was ist Rückenspannung jetzt genau?
Um den Ellenbogen hinter den Pfeil zu bekommen ist es nötig, dass das Schulterblatt während des Spannvorgangs in Richtung Wirbelsäule bewegt wird bis es „anstößt“. Das Schulterblatt rotiert – wenn man so will – um die Wirbelsäule als Drehpunkt. Gleichzeitig rotiert natürlich auch der Ellenbogen mit.
Die Bewegungsrichtung des Ellenbogens ist „hinten, unten“ wenn man so möchte. Der Druck der dadurch in der Muskulatur aufgebaut und insbesondere zwischen Wirbelsäule und Schulterblatt spürbar wird, das ist Rückenspannung.
Und diese Spannung muss während des gesamten weiteren Schussablaufs weiter aufrechterhalten und langsam verstärkt werden.
Man zieht also sozusagen „weiter“, ohne dass die Zughand weiter nach hinten geht oder der Ellenbogen weiter um den Körper rotiert.
Auswirkungen der Rückenspannung bzw. deren Fehlen auf dein Schießen
Eine gute Rückenspannung sorgt zum einen dafür, dass wir beim Ankern immer den gleichen Auszug haben und das Lösen durch bloßes Öffnen der Finger der Zughand sauberer ist.
Wenn die Rückenspannung vorhanden ist, dann bewegt sich der Ellenbogen nach dem Lösen ganz von alleine entsprechend der von uns durch die Rückenspannung aufgebauten „Spannung“ nach hinten und ihm folgend auch die Zughand. Ein Verreißen nach oben/unten oder insbesondere seitlich findet so nicht statt.
Wenn zu wenig Rückenspannung vorliegt, dann wird die Zughand beim Lösen teilweise mit nach vorne oder zur Seite gezogen.
Folge davon sind seitliche Abweichungen oder durch einen zu kurzen Auszug und geringere Abschussenergie sogar Tiefschüsse.
Wie kommt man am besten in die Rückenspannung?
In die Rückenspannung kommt man – wie bereits oben erwähnt – automatisch, wenn man den Bogen korrekt auszieht und dadurch die richtige Haltung beim Bogenschießen einnimmt. Das heißt, Bogenhand, Pfeil, Zughand und Ellenbogen der Zughand sollten möglichst in einer Linie liegen. Gleichtzeitig sollten auch Bogenhand, Ellenbogen des Bogenarms und beide Schultern in einer Linie liegen.
Durch das so entstandene Kraftdreieck liegt immer eine gewisse Rückenspannung an. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass der Ellenbogen währen des gesamten Spannens nicht „hängt“. Zudem sollten beide Schultern tief stehen.
Das Schießen mit Rückenspannung ist zumeist ein von Beginn an bewusster Vorgang und sollte aktiv trainiert werden, um die „richtigen Muskeln“ auch direkt zu spüren.
Wie bei vielen anderen Techniktrainingsübungen bietet sich hier auch das Schießen auf eine Scheibe ohne Auflage und ggf. mit geschlossenen Augen an, bei dem man sich einzig und alleine auf den zu trainierenden Aspekt konzentriert.
Zudem kann man zum trainieren des Bewegungsabblaufs auch einen sogenannten Nullbogen oder ganz einfach unser platzsparenderes und effektives Trainingsgerät »Back-Tension-Tube« nutzen.
Das Trainingstool gibt es bei uns für 15,- EUR und es eignet sich sowohl zum Training des Bewegungsablaufs und der Rückenspannung, als auch (begrenzt) zum Kraftraining. Siehe dazu auch die Anwendungshinweise [PDF, 156 KB].
Empfehlung: Trainieren mit direktem Feedback durch einen Trainer!
Wenn du deine Haltung und Schießtechnik beim Bogenschießen nachhaltig verbessern möchtest, ist es nicht nur erforderlich, dass du regelmäßig „trainierst“, sondern es kommt vor allem auch auf die richtige Ausführung im Training an. Doch ob man es wirklich richtig gemacht hat, kann man selbst kaum beurteilen, weil man sich ja nicht sehen kann.
Hier hilft es ungemein, wenn hin und wieder ein erfahrener Trainer einmal drüber schaut und dir wertvolle Tipps und Hinweise gibt, an welchen Stellen du in Sachen Schießtechnik und Haltung noch arbeiten kannst.
Auch ist jeder Mensch auf seine Art etwas „eigen“ und es kann sein, dass du zwar das theoretische Wissen über die richtige Haltung, Rückenspannung & Co. hast, aber dir das richtige Gefühl und der Bewegungsablauf noch fehlt, um die idealen Positionen zu erreichen.
Um unseren Kunden – die oft nicht in Vereinen sind oder keine Trainer haben – qualifiziertes Feedback und wertvolle Tipps zur Verbesserung ihrer Schießtechnik zu geben, bieten wir auch individuelle Trainerstunden auf dem Schießplatz an. Bei diesen Trainings können wir wir nach Absprache genau die Bereiche adressieren, bei denen es noch etwas hakt. Und zwar viel individueller als es in einem Gruppenkurs möglich wäre!
Vielleicht wäre das ja auch etwas für dich?
Falls ja, schau‘ gerne mal unter der Rubrik Kurse & Events vorbei!
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Daniel Goll
Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Traditionelle Bogenschießen für sich und hat bei zahlreichen Turnieren und Meisterschaften geschossen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogenschützinnen und Bogenschützen bei ihrem Einstieg in das Bogenschießen und dem Erlernen der instinktiven Zieltechnik unterstützt.