Wie finde ich den passenden Pfeil?

Spinetester

Ein gut auf den Bogen und Schützen abgestimmter Pfeil ist beim Bogenschießen – neben dem optimalen Bogentuning und einer guten Schieß- und Zieltechnik – das A und O. Warum das so ist, haben wir in Teil I dieser Artikelserie mit dem Titel »Wie wichtig ist es, einen abgestimmten Pfeil zu schießen und wie ist ein Pfeil überhaupt aufgebaut?« erläutert. Wir wissen also jetzt, wie wichtig die Ermittlung des richtigen Setups ist.

Wie man aber herausfindet, welcher Pfeil zum Schützen und zum Bogen passt, ließen wir jedoch bislang offen. Die Antwort darauf bekommst du jetzt!

Wenn du dir gerne ein ausführliches Gesamtwissen zu Pfeilen im Traditionellen Bogenschießen aneignen willst und nicht der Typ bist, der gerne viel und ausführlich liest, dann empfehle ich dir meinen Videokurs »Pfeilphysik, Pfeilwahl & Pfeilbau im Traditionellen Bogenschießen«.

Darin erkläre ich in 18 Videos alles von Pfeilbestandteilen, über Pfeilphysik, Pfeilwahl bis hin zu Pfeilreparaturen. Es lohnt sich dort mal rein zu schauen.

Nun aber zurück zum Thema dieses Artikels…Um den richtigen Pfeil zu finden, müssen wir uns zunächst einmal ansehen, welche Kriterien für die Beurteilung, ob ein Pfeil passt oder nicht überhaupt herangezogen werden sollten.

Kriterien für die Ermittlung des richtigen Pfeils

Als Kriterien für die Beurteilung, ob ein Pfeil passt, können folgende Eigenschaften herangezogen werden:

  • Zugelassen auf Meisterschaften/Turnieren
  • ausreichende Länge
  • sauberes Verlassen des Bogens durch richtiges Durchbiegeverhalten (richtiger dynamischer Spinewert)
  • Pfeilgewicht/spezifisches Pfeilgewicht
  • Balancepunkt des Pfeils
  • optische Gestaltung des Pfeils

Welche Pfeile darf ich überhaupt schießen?

Falls du planst, mit deinen neuen Pfeilen auf einem Turnier oder Meisterschaft anzutreten, solltest du dir vorab Gedanken dazu machen, welche Pfeile zugelassen sind. In einigen Verbänden oder Ausschreibungen sind für bestimmte Wettkampfklassen zum Beispiel ausschließlich Holzpfeile zugelassen.

Pfeillänge

Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, aber der Vollständigkeit halber, muss natürlich auch darauf geachtet werden, dass der Pfeil lang genug für die eigene Auszugslänge ist. Wie man die Auszugslänge ermittelt, haben wir ja in unsrem Artikel zum Thema „Wie finde ich den richtigen Bogen“ erklärt.

Es sollte mindestens noch die Pfeilspitze über die Vorderkante des Griffstücks hinausragen. So hat man im Zweifel auch etwa 0,5 – 1 Zoll Sicherheit, bevor der Pfeil vom Shelf hinten heruntergezogen wird, sollte man mal zu weit ausziehen.

Die Pfeillänge wird gemessen vom Nockboden (dort wo die Sehne in der Nocke ansetzt) bis zum Ende des Schaftes (vor Spitze/Insert).

Daher gilt: Mindestpfeillänge = Auszugslänge

Der Pfeil muss aber auch nicht direkt mit der Bogenvorderkante abschließen. Es kann auch sein, dass er länger sein muss – warum, erfährst du weiter unten.

Schützen mit generell großen Auszugslängen (31 Zoll und mehr) haben meist schon bei der Auswahl des richtigen Pfeilschafts Probleme, da die meisten Schafthersteller Pfeilschäfte in höchstens 32 Zoll Länge anbieten. Alle anderen haben die Qual der Wahl, dazu aber später auch mehr.

Richtiger dynamischer Spinewert (ideales Verlassen des Bogens / ruhiger Pfeilflug)

Der dynamische Spine, also wie sich der Pfeil im Moment des Abschusses und auf den ersten Metern verhält, ist entscheidend dafür wie der Pfeil fliegt und trifft.

Einfluss auf den dynamischen Spine haben wir über die drei Kenngrößen:

  • statischer Spinewert des Schafts
  • Länge des Pfeils
  • Gewicht der Spitze

Grundsätzlich gelten bzgl. des dynamischen Spine folgende Grundsätze:

  • je stärker der Bogen
  • je länger der Pfeil
  • je schwerer die Spitze
  • je effizienter der Bogen
  • je näher der Pfeil an der Mitte des Bogens liegt
  • je niedriger die Standhöhe

… desto steifer muss der Pfeil sein! Umgekehrt gilt natürlich genau das Gleiche!

Beispiel:
Angenommen wir betrachten einen Langbogenschützen, der einen Auszug von 27 Zoll hat und seinen Langbogen mit einem Zuggewicht von 32,5 Pfund auf den Fingern schießt. Er hat durch Tests und Vergleiche herausgefunden, dass ein Carbonpfeil mit statischem Spinewert von 700 bei einer Pfeillänge von 29 Zoll und einem Spitzengewicht von 100 gr. ideal fliegt.
Wenn er jetzt das gleiche Bogenmodell mit höherem Zuggewicht kauft oder auf einen gleich starken aber effizienteren Recurvebogen wechselt, dann wird er, den oben genannten Grundsätzen zum dynamischen Spine folgend, entweder einen steiferen Schaft, eine leichtere Spitze oder einen kürzeren Pfeil benötigen (oder eine Kombination aus allen drei Punkten).

Wie man das richtige Pfeilsetup letztlich bestimmen kann, erkläre ich weiter unten im Artikel!

Pfeilgewicht

Das Pfeilgewicht sollte immer zur geplanten Verwendung des Pfeils und zum Bogen passen. Es wird immer im Verhältnis zum Zuggewicht auf den Fingern angegeben, also in Grains pro Pfund (Abkürzung: gpp = grains per pound)

Es macht zum Beispiel keinen Sinn, wenn auf einem leichten Recurvebogen ein vom Spinewert zwar passender aber viel zu schwerer Pfeil geschossen wird. Ein zu schwerer Pfeil hat nämlich eine sehr hohe Flugkurve, insbesondere bei weiteren Entfernungen. Das kann dazu führen, dass bestimmte Ziele auf einem Parcours vielleicht nicht geschossen werden können. Ein zu leichter Pfeil wiederum ist aber auch nicht unbedingt optimal. Leichtere Pfeile fliegen zwar grundsätzlich schneller und haben eine flachere Flugkurve, aber der Bogen kann auch Schaden nehmen oder der Pfeil zu leicht von Wind oder anderen Einflüssen abgelenkt werden.

Pfeilgewicht Waage

Mit Selfbows, Primitivbögen und Langbögen einiger Hersteller dürfen zur Vorbeugung von Schäden beispielsweise auch keine Pfeile mit einem Pfeilgewicht unter 8-9 gpp. geschossen werden.

Im Zweifel sollte man (auch wegen möglichen Garantieausschlüssen) beim Hersteller seines Bogens erfragen, welche Vorgaben für das Mindestpfeilgewicht gemacht werden.

Beispiel:
Wenn ein Pfeil mit einem Gewicht von 389,3 gn von einem Bogen abgeschossen wird, bei dem der Schütze 48 lb. auf den Fingern hat, dann beträgt das spezifische Pfeilgewicht 389,3 gn : 48 lb = 8,11 gpp.

Bei den meisten modernen Lang-, Recurve- und Hybridbögen ist ein Pfeilgewicht von 7-9 gpp. als passend zu erachten.

Balancepunkt des Pfeils – FOC

Ein Pfeil fliegt besser, wenn sich im vorderen Teil des Pfeils mehr Masse (Gewicht) befindet, als im hinteren Teil. Du kennst das vielleicht vom Dartspielen. Auch der Dartpfeil hat einen deutlich schwereren vorderen Teil.

Die Gewichtsmitte des Pfeils bzw. seinen Schwer-/Balancepunkt kannst du ermitteln, indem du ihn auf eine Kante legst und die Position dieser Kante veränderst, bis der Pfeil auf ihr balanciert. Anschließend markierst du diese Position auf dem Pfeil. Das ist der Blancepunkt. Seine Lage im Verhältnis zum Pfeil wird durch den Wert FOC (front of center) angegeben, also sein Abstand zur geometrischen Mitte des Pfeils im Verhältnis zur Gesamtlänge des Pfeils.

FOC Bestimmung

FOC = Abstand geometrische Mitte zum Balancepunkt : Pfeillänge

Beispiel:
Wenn dein Pfeil eine Gesamtlänge (Anfang der Pfeilspitze bis zum Ende der Nocke) von 30 Zoll hat und der ermittelte Balancepunkt 4 Zoll vor der Pfeilmitte (bei 15 Zoll) liegt, dann errechnet sich der FOC folgendermaßen: FOC = 4 : 30 = 0,1333 = 13%

Ob es einen idealen Wert für den FOC gibt, darüber sind sich die Bogenschützen nicht einig. Es gibt sowohl Vertreter, die Vorteile bei einem niedrigen FOC sehen, als auch diejenigen, die bei einem hohen FOC eine erhöhte Treffergenauigkeit erkennen wollen. Allgemein kann man aber festhalten, dass der FOC bei 7 – 15 % liegen sollte.

Optische Gestaltung des Pfeils

Bei der optischen Gestaltung des Pfeils solltest du darauf achten, dass er gut sichtbar ist. Das bringt dir nämlich nicht nur Vorteile, wenn der Pfeil auf dem Parcours mal danebengehen sollte und du ihn im Gras wiederfinden willst.

auffällige Pfeile

Insbesondere bei instinktiven Bogenschützen muss der Pfeil auch im Flug und im Ziel gut erkennbar sein, damit das Unterbewusstsein die Hand-Auge-Koordination optimieren kann.

Achte daher vor allem auf auffällige Befiederungsfarben, helle Nockfarben und verwende eventuell auch Tracer und Wraps bei deinen Pfeilen.

Wie kannst du aber jetzt herausfinden, welcher Schaft bei welcher Länge und welchem Spitzengewicht zu dir und deinem Bogen passt?

Nun ja, schon ein altes Sprichwort sagt: „Probieren geht über Studieren…“

Und in der Tat ist Ausprobieren der einzige Weg, der zu 100% zum richtigen Pfeil führt. Das heißt, du musst verschiedene Testpfeile bauen und solange gegeneinander nach dem Ausschlussverfahren auf verschiedene Entfernungen Probeschießen, bis du ein Pfeilsetup gefunden hast, das passt.

Wenn die Schusstechnik noch nicht so gut ist und du nicht sehr präzise schießen kannst, werden nur befiederte Pfeile getestet, wenn die Technik schon einigermaßen passt kann auch ein sogenannter Rohschafttest erfolgen.

Wichtig ist bei beiden Arten des Ausschießens, dass sowohl Nockpunkthöhe perfekt passt, als auch die Nocke nicht zu stramm auf der Sehne einrastet.

Probeschießen mit befiederten Pfeilen

Beim Probeschießen mit befiederten Pfeilen beurteilt man das Flugverhalten verschieden konfigurierter Pfeile und schießt diese gegeneinander aus.

befiederte Pfeile ausschießen

Achte darauf ob die Pfeile am Bogen anschlagen oder ob Sie während Ihres Fluges pendeln.

Ein Anschlagen am Bogenfenster bemerkt man meist am Geräusch oder Abrieb an der Pfeilauflage. Das Pendeln, also ein seitliches Wedeln muss man selbst während des Pfeilfluges beobachten oder man bittet einen anderen Schützen den Pfeilflug zu beobachten.

Wenn der Pfeil während des Fluges nicht wedelt und schnurgerade auch auf verschiedene Entfernungen in sein Ziel fliegt, bist du auf dem richtigen Weg. Aber Vorsicht: nur weil der befiederte Pfeil scheinbar super fliegt, heißt das noch lange nicht, dass der Pfeil ganz genau der Richtige ist.

Rohschafttest

Den zu 100% passenden Pfeil findest du nur im Rohschafttest heraus. Ihn machst du zum Beispiel, wenn du durch Probeschießen mit befiederten Pfeilen ein erstes Ergebnis hast und genauer untersuchen willst, ob das befiedert gut fliegende Pfeilsetup wirklich genau passt.

Beim Rohschafttest schießt du nämlich mehrere der eventuell gut fliegenden befiederten Pfeile und zwei oder drei exakt gleiche Pfeile nur ohne Federn als Gruppe auf eine bestimmte Entfernung. Dadurch, dass die Federn als Stabilisierung fehlen, wird jeder Fehler im Pfeilsetup sichtbar (und leider auch die Fehler in der Schuss- und Zieltechnik, weshalb es beim Rohschafttest sehr darauf ankommt, wie gut deine Technik ist).

Du startest den Rohschafttest zum Beispiel bei 15m. Das Trefferbild notierst du dir anschließend und wiederholst den Vorgang noch 2-3 mal. Dann machst du das gleiche noch auf 20 und 25/30 Meter. Jedes Mal notierst du das Trefferbild.

Das sieht dann etwa so aus:

Rohschafttest Scheibe
Rohschafttest Dokumentation

Jetzt schaust du dir auf deinen Notizzetteln die Lage der unbefiederten Pfeile zu dem befiederten Pfeil an. Stecken die Rohschäfte weit links neben dem befiederten Pfeil, dann ist der dynamische Spine des Pfeils zu steif. Stecken die Rohschäfte tendentiell weit rechts des befiederten Pfeils, dann ist der dynamische Spine zu weich. Liegen Rohschäfte und befiederter Pfeil beieinander, dann ist der dynamische Spine genau richtig.

Beim Rohschafttest kann es auch zu hoch/tief-Abweichungen kommen. Diese deuten auf eine falsche Nockpunkteinstellung hin, die sofort korrigiert werden sollte. Steckt der Rohschaft höher als der befiederte, ist der Nockpunkt zu tief und umgekehrt.

Noch detaillierter zum Thema Rohschafftest sind wir in unserem Artikel »Rohschafttest / Blankschafttest – So führt man ihn wirklich durch« eingegangen. Wenn du dich dafür interessierst, schau‘ gerne mal rein!

Weitere Möglichkeiten der Pfeilbestimmung

Wenn dir das viel zu aufwändig ist oder du nicht weißt, mit welchem Setup du das Testen beginnen sollst, gibt es noch weitere Möglichkeiten, wie du einen möglicherweise passenden Pfeil ermitteln kannst:

  • Verwendung von Spinewerttabellen
  • Spinerechner aus dem Internet
  • Händler oder Mitschützen nach deren Erfahrung fragen

Alle diese Möglichkeiten sind jedoch äußerst ungenau und mit größter Vorsicht zu genießen, da sowohl Tabellen, als auch Erfahrungswerte niemals alle entscheidenden objektiv messbaren Faktoren zur Bestimmung des richtigen Pfeils in die Darstellung einbeziehen können.

In Spinewerttabellen können zum Beispiel maximal drei Faktoren abgebildet werden. Das sind Pfeillänge, Spitzengewicht und Zuggewicht auf den Fingern des Schaftes. Die Art des Bogens und die Lage des Pfeils zur Mitte des Bogens wird hier nie berücksichtigt. Entsprechend ungenau können die Ergebnisse also sein. Bei persönlichen Empfehlungen wird noch weniger berücksichtigt. Und die meisten Rechner im Internet verlangen auch kaum mehr Angaben als die Spinewerttabelle.

Onlinekurs Pfeilbau
Onlinekurs Pfeilbau

Wie bestimmen wir bei unseren Kunden, welche Pfeile passen?

Wir verwenden zur Annäherung an das ideale Pfeilsetup im ersten Schritt unseren eigenen Spinewertrechner. Diesen haben wir mit unseren Erfahrungswerten aus den letzten 15 Jahren gefüttert, permanent optimiert und durch die Ergebnisse von Rohschafttests verrifiziert. Bei unserem Spinerechner können deutlich mehr Faktoren, als bei allen anderen berücksichtigt werden, sodass die errechnete Pfeilempfehlung – zumindest soweit wir Rückmeldungen von Kunden dazu bekommen – zu mehr als 80% richtig ist. Jedenfalls ist das Ergebnis so gut, dass man mit dem ermittelten Pfeilsetup ohne weiteres gut schießen kann.

Man kann die Ergebnisse unseres Spinerechners auch nehmen und direkt in Rohschafttests einsteigen. Insofern ist er eine ideale Abkürzung beim Ermitteln des richtigen Pfeilsetups.

FAZIT:

Wie du siehst, kann das Herausfinden des idealen Pfeils sehr mühsam sein. Es ist aber auf jeden Fall die Zeit wert, die du darin investierst! Wenn du jetzt weißt, welche Eigenschaften dein idealer Pfeil haben sollte, dann kann es mit dem Pfeilbau losgehen. Alternativ lässt du dir die Pfeile bauen. »Worauf du beim Pfeilbau und -kauf achten solltest« erläutern wir in Teil III unserer Artikelreihe zum Thema Pfeilbau und -tuning.

Daniel Goll

Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Tradi­tionelle Bogen­schießen für sich und hat bei zahl­reichen Tur­nieren und Meister­schaf­ten geschos­sen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogen­schütz­innen und Bogen­schützen bei ihrem Einstieg in das Bogen­schießen und dem Er­lernen der in­stink­tiven Ziel­tech­nik unterstützt.

Daniel Goll

Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Tradi­tionelle Bogen­schießen für sich und hat bei zahl­reichen Tur­nieren und Meister­schaf­ten geschos­sen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogen­schütz­innen und Bogen­schützen bei ihrem Einstieg in das Bogen­schießen und dem Er­lernen der in­stink­tiven Ziel­tech­nik unterstützt.