Der Einfluss der Befiederung auf die Pfeilgeschwindigkeit

Je länger und größer die Federn eines Pfeiles sind, desto langsamer fliegt er! Diese Ansicht ist unter den Bogenschützen sehr weit verbreitet und allgemein als richtig anerkannt. Aber: Stimmt das auch? Und wenn ja, wie viel mehr an Geschwindigkeitsverlust macht eine größere Feder gegenüber einer kleineren eigentlich aus?

Wir sind der Sache nachgegangen. Diesmal nicht nur mit unserem „normalen“ Geschwindigkeitsmesser ProChrono, sondern auch mit einem Doppler-Radar (dem sog. LabRadar) das zur Messung von Geschossen jedweder Art verwendet wird.

Geschwindigkeitsmessgeräte Chrony und LabRadar

Hauptsächlich wird dieses Messgerät bei Schusswaffen eingesetzt, es kann aber auch bei Pfeil und Bogen verwendet werden. Mit dem LabRadar lassen sich Geschwindigkeitsdaten von Pfeilen während des Flugverlaufs messen und aufzeichnen.

So konnten wir nicht nur die Abschussgeschwindigkeit aller getesteten Pfeile und Federn, sondern auch die Geschwindigkeiten, die die Pfeile nach 20, 30, 40 und 50 Metern noch hatten, exakt ermitteln. Und das Ganze gleich bei einer Vielzahl von durchgeführten Schüssen, um valide Daten zu erhalten.

Welche Federn haben wir getestet?

Getestet haben wir sechs verschiedene Federn, die alle eine unterschiedliche Federfläche haben. Alle Federn wurden gerade angebracht und die Pfeile dreifach befiedert.

Die getesteten Formen und Längen waren:

  • Sturmvogel SV1
  • Shield 2 ¼ Zoll
  • Sturmvogel SV2
  • Shield 3 Zoll
  • Shield 4 Zoll
  • Shield 5 Zoll

Selbstverständlich haben wir auch die exakten Flächen der Federn inklusive Kiel so genau wie möglich ermittelt. Dazu wurden die Federn fotografiert und deren Umrisse in einem CAD-Programm maßstabsgetreu nachgezeichnet und die Flächen ermittelt.

Federn im Test
Federn & Federflächen

Die Federflächen, sortiert von der Befiederung mit größter, zur Befiederung mit der kleinsten Fläche, sind wie folgt:

Befiederung Fläche einzelne Feder Fläche drei Federn Flächen­ver­hältnisse
5 Zoll Shield (127 mm) 1609 mm2 4827 mm2 100%
4 Zoll Shield (101 mm) 1064 mm2 3192 mm2 66,1%
3 Zoll Shield (76 mm) 770 mm2 2310 mm2 47,9%
Sturmvogel SV2 (80 mm) 516 mm2 1548 mm2 32,1%
21/4 Zoll Shield (57 mm) 479 mm2 1437 mm2 29,8%
Sturmvogel SV1 (60 mm) 469 mm2 1407 mm2 29,1%

Mit welchen Pfeilen wurde getestet?

Geschossen habe ich selbst, mit den für mich durch einen Rohschafttest exakt ermittelten Pfeilen, konkret Partizan Extreme im Spinewert 400 mit einer Pfeillänge nach ATA von 31,25 Zoll und einem Spitzengewicht von 100 gr. (Partizan 3D-Spitze) zzgl. 26 gr. Alu-Insert.

Alle sechs Testschäfte habe ich vorher Spine-Indexiert und die Spinewerttoleranz so stark wie möglich zu minimieren und die Schäfte wurden auch so ausgerichtet, dass der Spinewert für die Biegung weg vom Bogen (also erste Biegung) bei allen exakt (+/- .002) gleich ist. Dieses Verfahren ist wesentlich genauer, als eine Ausrichtung nach Spline, hat aber im Wesentlichen das gleiche Ziel.

Testpfeile

Die Gewichtsunterschiede der befiederten Pfeile, die durch die unterschiedlichen Federgrößen verursacht wurden, habe ich dann natürlich noch durch das Anbringen einiger Streifen Wraps vor der Befiederung ausgeglichen. So hatte jeder der sechs getesteten Pfeile am Ende ein Gesamtpfeilgewicht von exakt 445 Grain. Der F.O.C. der Testpfeile betrug knapp 11%.

Der Testaufbau

Den Geschwindigkeitstest habe ich mit meinem Bodnik Bows Mohawk Chief Hybrid durchgeführt. Das Zuggewicht auf den Fingern beträgt ca. 46 lb. bei einem Auszug von etwa 30,5 Zoll. Um sicherzustellen, dass der Auszug und damit auch das anliegende Zuggewicht bei jedem Schuss konstant ist, habe ich bei meinem Bogen einen sogenannten „Limb-Mounted-Clicker“ installiert und diesen entsprechend eingestellt.

Pfeiltest mit Mohawk und LabRadar
Limb-Mounted-Clicker zur Auszugskontrolle

Zudem wurde jeder Pfeil zwölfmal und in einer zufälligen Reihenfolge geschossen, um ausreichend Messwerte zu generieren und Messfehler, Formfehler oder sonstige äußere Einflüsse auf ein Minimum zu reduzieren.

Die Scheibe stand bei dem Test etwa 54 Meter weit weg und auf einem durch Bäume begrenzten Areal, sodass Windböen (die an dem Tag ohnehin kaum zu spüren waren) keinen Einfluss ausüben konnten.

Da das LabRadar die Abschussgeschwindigkeit v0 aber nicht messen kann, sondern nur die Geschwindigkeit ab der ersten Erkennung des Pfeils, habe ich parallel auch noch eine Messung der Abschussgeschwindigkeit mit dem ProChrono durchgeführt. Hier wurden insgesamt fünf Messungen pro Pfeil gemacht, um auch hier den Einfluss von Mess- & Formfehlern zu reduzieren.

Vielleicht noch kurz ein paar Worte dazu, warum wir solche Tests nicht mit einer Schießmaschine machen: Alle mir bekannten Schussapparate können nur mittels eines Release geschossen werden und simulieren nicht den Fingerablass. Da der Fingerablass und die sich daraus ergebenden Folgen auf die Biegung des Pfeils (siehe dazu auch meinen Blogartikel zum Archer’s Paradox) jedoch große Auswirkungen auf den Pfeil haben, wären solche Tests für „Finger-Schützen“ nur bedingt oder nicht aussagekräftig und daher unbrauchbar.

Das sind die Messergebnisse

Die Abschussgeschwindigkeiten waren erwartungsgemäß bei allen sechs Pfeilen identisch und bewegten sich durchschnittlich im Bereich 178 bis 179 fps. (feet per second). Das musste ja so sein, denn alle sechs Pfeile waren ja gleich schwer!

Mit zunehmender Flugdistanz wurden alle sechs Pfeile stets langsamer. Dabei konnte man sehr deutlich feststellen, dass die Größe der Gesamtfederfläche eines Pfeils einen direkten Einfluss auf die Höhe des Geschwindigkeitsverlusts hat. Je größer die Gesamtfederfläche, desto größer der Verlust.

Während zum Beispiel der Pfeil mit der kleinsten Federfläche (Sturmvogel SV1) nach 20 Metern nur 7,3 fps. an Geschwindigkeit verloren hat, hat der Pfeil mit der größten Federfläche (5 Zoll Shield) bereits 10,2 fps. verloren. Wenn man sich allerdings vor Augen führt, dass die 5 Zoll Shield-Befiederung mehr als die dreifache Federfläche hat, so erscheinen diese 2,9 fps. Unterschied verschwindend gering.

Messergebnisse 20m

Wenn man sich die Geschwindigkeiten nach 50m Flugdistanz ansieht, so stellt man bei der kleinen Sturmvogel SV1 einen Geschwindigkeitsverlust von 19 fps. und bei der 5 Zoll Shield Feder einen Geschwindigkeitsverlust von 26,5 fps. fest. Auch hier verblüfft eigentlich der relativ geringe Unterschied im Geschwindigkeitsverlust von nur 7,5 fps.

Messergebnisse 50m

Insgesamt lassen sich die Pfeile mit ihren Federn aufgrund der Messergebnisse in zwei Gruppen einteilen. Alle Federn bis einschließlich 3 Zoll Shield und die Federn ab 4 Zoll Shield.

Bei der erstgenannten Gruppe ist der Geschwindigkeitsrückstand selbst auf 50m mit maximal 2,6 fps. so gering, dass man hier nicht wirklich von einem Unterschied sprechen kann. Bei den größeren Federn schaut das dann schon anders aus. Hier beträgt der Rückstand zum schnellsten Pfeil in der Testserie schon im besten Fall mit 6,9 fps. bereits mehr als doppelt so viel.

Messergebnisse nach Gruppen 50m

Was man an den Messergebnissen auch sehr schön erkennen kann, ist, dass die Oszillation des Pfeils einen messbaren Einfluss auf die Bremsung des Pfeils hat.

Während die Pfeile zum Beispiel von der 10 bis zur 20 Meter Marke 2,7 bis 3,5% ihrer Geschwindigkeit verlieren, so verlieren sie auf den letzten 10 Metern (also von 40 bis 50m) nur noch 2,0 bis 3,4% ihrer Geschwindigkeit. Je weniger genau die Pfeile dabei auf den Bogen abgestimmt sind, desto stärker ist die Auswirkung der stabilisierenden Korrektur der Federn auf die Pfeilgeschwindigkeit. Da in meinem Test die Pfeile exakt passen, ist die Auswirkung zwar messbar, aber marginal.

Alle Messergebnisse findest du auch noch einmal in diesem Excel-Dokument zum Download.

Fazit – Welche Schlüsse lassen sich aus dem Test ziehen?

  1. Je größer die Federfläche, desto größer die Bremsung bzw. umgekehrt: Je kleiner die Federfläche, desto weniger Geschwindigkeitsverlust hat man im Flugverlauf
  2. Der Geschwindigkeitsunterschied auf 50m Entfernung zwischen einer Befiederung mit größerer Fläche und einer Befiederung mit kleinerer Fläche ist zwar insgesamt geringer als befürchtet, aber doch deutlich messbar.
  3. Bei Distanzen bis 30 Meter ist der Geschwindigkeitsverlust durch die Befiederung noch nicht signifikant. Hier könnte eine größere Federfläche in der Gesamtbetrachtung (Trefferpräzision, Fehlerverzeihlichkeit, usw.) trotz des etwas größeren Geschwindigkeitsverlusts eher Vorteile haben.
  4. Bei Distanzen jenseits von 30 Metern ist der Geschwindigkeitsverlust so groß, dass man in der Gesamtbetrachtung eher von 4 und 5 Zoll Federn abraten müsste. Die Geschwindigkeitsverluste wirken sich hier wohl stärker negativ auf die Trefferpräzision aus, als es die größere Fehlerverzeihlichkeit im positiven Sinne macht.
  5. Eine extrem kleine Feder, wie z.B. die Sturmvogel SV1 ist zwar schneller, als z.B. eine 3 Zoll Shield Feder, aber der Unterschied ist dann doch so gering, dass in der Gesamtbetrachtung eher eine Empfehlung für die 3 Zoll Shield Feder ausgesprochen werden muss, da diese in Sachen Fehlerverzeihlichkeit und stabilisierender Wirkung wohl mehr Vorteile, als Nachteile in Sachen Geschwindigkeitsverlust bringt.

Daniel Goll

Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Tradi­tionelle Bogen­schießen für sich und hat bei zahl­reichen Tur­nieren und Meister­schaf­ten geschos­sen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogen­schütz­innen und Bogen­schützen bei ihrem Einstieg in das Bogen­schießen und dem Er­lernen der in­stink­tiven Ziel­tech­nik unterstützt.

Daniel Goll

Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Tradi­tionelle Bogen­schießen für sich und hat bei zahl­reichen Tur­nieren und Meister­schaf­ten geschos­sen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogen­schütz­innen und Bogen­schützen bei ihrem Einstieg in das Bogen­schießen und dem Er­lernen der in­stink­tiven Ziel­tech­nik unterstützt.